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Von Peking auf die Schwäbische Alb (II)

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Alle gratulierten uns zum Gewinn der Fußball-Weltmeisterschaft
Am Montag den 14. Juli, Deutschland ist gerade zum vierten Mal Weltmeister geworden, durften wir die Russische Grenze passieren und alle gratulierten uns zum Gewinn der Fußball Weltmeisterschaft. Die Landschaft in Russland änderte sich schlagartig.

Aus Steppenlandschaft wurden riesige Wälder, die von hohen Bergen begrenzt wurden und auf einmal waren auch wieder Bäche da die nach kurzer Zeit zu großen Flüssen wurden,wir wurden an Alaska und Kanada erinnert und genossen die Fahrt in vollen Zügen, so hatten wir uns Russland nicht vorgestellt.

Die Altai Republik ist auch bei den Russen als Ulaubsregion sehr beliebt und es gibt überall Freizeit Angebote, Campingplätze, Hotels usw. Wir steuerten Barnaul an, da wir wieder einige Speichen-Brüche hatten und wir dort hofften neue Speichen zu bekommen, da unser Vorrat fast aufgebraucht war.

In Barnaul suchten wir die sehr bekannte „bike bar“ auf, die uns eine Werkstatt nennen konnten wo ich die Speichen erneuern konnte und auch neue Speichen bekam. Auch konnte ich die wieder einmal gebrochene Kofferhalterung schweißen lassen.

Am nächsten Tag ging es dann weiter Richtung Nowosibirsk, doch bereits nach sechzig Kilometern mussten wir unfreiwillig stoppen, da wir einen Platten auf dem Hinterrad hatten. Also Reifen flicken war angesagt und nach eineinhalb Stunden waren wir wieder auf Strecke.

Polizeikontrolle: Wir „einigten“ uns auf 1000 Rubel
Wir fuhren an Nowosibirsk vorbei Richtung Omsk. Auf dem Weg dorthin hielt uns eine Polizeikontrolle an die von uns die Fahrzeugversicherung sehen wollten, die wir aber nicht hatten. Mit seinen drei Wörtern Deutsch erklärte mir einer der Polizisten, dass wir jetzt eine hohe Strafe bezahlen müssten. Wir „einigten“ uns auf 1000 Rubel und konnten weiterfahren.

In Omsk angekommen, wollten wir als erstes eine Versicherung abschließen, was sich aber als sehr kompliziert herausstellte. Da unsere Pässe, Führerschein, Fahrzeugpapiere nicht auf Russisch waren, mussten diese zuerst übersetzt und dann beglaubigt werden, bevor wir eine Versicherung abschließen konnten.

Hier half uns eine Dame von der Hotelrezeption, sie kannte eine Übersetzerin und klärte alles mit ihr ab und als wir später vor ihr standen, legte sie ihre bereits begonnene Arbeit zur Seite und nahm sich unserer Dokumente an. Als alles übersetzt war, ging sie noch mit uns zum Notariat und innerhalb von 30 Minuten waren unsere Übersetzungen beglaubigt und wir konnten eine Versicherung abschließen, sogar mit Internationaler grüner Versicherungskarte. Da wir noch etwas Zeit hatten, schauten wir uns noch in Omsk um, wo vor allem das alte Stadtviertel sehenswert ist.

Das Ural ist er eher mit dem Schwarzwald zu vergleichen
Weiter ging es Richtung Ural, hunderte von Kilometern vorbei an Birkenwäldern und kleinen Seen. Den Ural hatten wir uns komplett anders vorgestellt, wie ein richtiges Gebirge, doch ist er eher mit dem Schwarzwald zu vergleichen. So rollten wir gemütlich nach Europa und ließen Asien hinter uns.

Weiter ging es über Ufa Richtung Kazan, doch 360 km vor Kazan mussten wir aufgrund eines Motorschadens eine Zwangspause einlegen, ein Pleuellager hatte sich verabschiedet. Zum Glück schafften wir es noch zu einer kleinen Werkstatt die direkt an der Hauptstraße lag, dort erlaubte man mir die Werkstatt zu benutzen da ich selbst ein Schrauber bin, wenn ich Hilfe benötigte konnte ich auch noch auf einen Mechaniker zugreifen.

Neun Tage Zwangspause
Am nächsten Morgen machte ich mich dann an die Arbeit den Motor auszubauen und zu zerlegen. Während ich den Motor zerlegte, schauten sich meine Frau und unser Sohn sich etwas in der Stadt um und machten Besorgungen. Außer dem Pleuellager war nichts kaputt, da aber das Pleuel nicht von der Kurbelwelle demontiert werden kann, brauchte ich eine komplette Kurbelwelle.

Ich kontaktierte wieder meinen Kollegen in Beijing, er besorgte alle benötigten Ersatzteile und gab sie einer Geschäftsfrau, die einen Tag später nach Moskau flog, mit. Ein weiterer Kollege in Moskau holte die Teile bei der Frau ab und schickte sie mit UPS weiter an unsere Adresse.

Leider war das Wochenende dazwischen und wir mussten zwei weitere Tage auf die Teile warten. Um dann nicht noch einen Tag zu verlieren fuhren wir mit Sepp, einem Deutschen, den wir im Motel kennengelernt haben, nach Chelny und holten die Teile direkt bei UPS ab.

Zurück in der Werkstatt machte ich mich sofort an die Arbeit, den Motor wieder zusammen zu bauen. Nachts um zwölf Uhr war die Maschine wieder Fahrbereit und wir konnten am nächsten Tag, nach neun Tagen Zwangspause, unsere Reise fortsetzen.

Pleuellager, Lichtmaschine, Kurbelwelle und der ADAC
Bis zur Grenze nach Lettland waren es noch 1800 km und unser Visa war nur noch für fünf Tage gültig, wenn wir Moskau noch kurz anschauen wollten, mussten wir jetzt nochmal Kilometer machen. Zwei hundert Kilometer vor Moskau hatten wir wieder ein Pleuellagerschaden und es schien dass die Reise dieses Mal zu Ende ist.

In drei Tagen können wir den Motor inkl. Ersatzteilbeschaffung nicht reparieren um dann noch an die Grenze zufahren bevor das Visa abläuft. So kontaktierten wir den ADAC und schilderten die Situation und wir machten den Vorschlag, uns an die Grenze nach Lettland abschleppen zu lassen, in Lettland hätte ich dann genügend Zeit um mich um die Motorreparatur zu kümmern.

Der ADAC war damit einverstanden und schickte uns über seinen russischen Automobilclubpartner einen Abschleppwagen. In 14 Stunden brachte uns dieser an die Grenze und wir konnten noch vor Ablauf der Visa aus Russland ausreisen. Mit dem defekten Motor wollten wir noch bis nach Vilnius kommen, der Hauptstadt Litauens, da dort die Wahrscheinlichkeit, passende Ersatzteile zu bekommen, am größten war.

Doch 26 km vor Daugavpils war Endstation, Lichtmaschine defekt, dadurch keine Ladung mehr und somit war die Batterie leer. Wir riefen wieder den ADAC an, um uns nochmal einen Abschleppwagen zuschicken, der uns nach Daugavpils brachte. Wir hatten wieder einmal Glück, der Chef der Abschleppfirma hat einen bekannten, der neben seinem Hauptberuf als Sportlehrer noch eine Motorradwerkstatt betreibt.

Am anderen Morgen kam der Motorradmechaniker zu uns ins Hotel und bot uns seine Hilfe an. Wir waren uns sehr schnell einig und vereinbarten das Motorrad zu ihm in die Werkstatt zu schleppen um zu sehen was wir für Ersatzteile benötigten. Ich erklärte ihm, dass ich denselben schaden bereits vor 1000 km hatte und nicht weiss was die Ursache war.

Mechaniker Vasili kannte sich mit älteren Motorrädern aus
Fest stand, wir brauchten wieder eine neue Kurbelwelle um den Motor flott zubekommen. Vasili, so hieß unser Mechaniker rief einen Freund aus dem Motorradclub an und fragte ob er nicht wüsste wo man eine Kurbelwelle herbekommen könnte. Der Freund hat selber zwei Ural und eine Dnjepr, die mehr oder weniger baugleich mit unserer Chang Chiang sind und siehe da, eine halbe Stunde später kam dieser Freund mit einer Kurbelwelle unterm Arm in der Werkstatt an.

Da Vasili sich mit alten Motorrädern auskannte, wusste er auch wo es Unterschiede gab, so auch in der Länge der Pleuel. Ich baute den linken Zylinder ab, demontierte den Kolben um die Länge des Pleuels zu messen, es hatte die gleiche Länge, somit konnten wir mit der Reparatur beginnen.

Andere Unterschiede konnten mit Hilfe einer Drehbank passend gemacht werden. Nach Ausbau der Kurbelwelle stellte Vasili gleich fest, was die Ursache für diesen Schaden war; die Schraube des vorderen Ölschleuderbleches hatte sich gelöst und somit bekam das linke Pleuellager nicht genug Schmierung.

Jetzt wusste ich auch was die Ursache beim ersten Motorschaden war, denn dort war das vordere Ölschleuderblech aus der Verschraubung ausgerissen und auch lose. Hier hatten die Russen bereits dazu gelernt, denn an der Kurbelwelle die ich jetzt einbaute war das Ölschleuderblech bereits mit drei Schrauben befestigt. Am anderen Tag, spät abends war unsere Bella wieder Fahrbereit und wir konnten unsere Fahrt fortsetzen.

Was das kostet? Eine E-Mail!
Wir waren sehr überrascht von der Schönheit und Ursprünglichkeit der Baltischen Länder, es schien, als wäre hier die Zeit stehen geblieben. Wir haben noch nie so viele Störche gesehen, die entweder in ihren Nestern auf speziell dafür aufgestellten Masten, auf Dächern und Kirchtürmen, oder in den Wiesen neben der Straße hockten.

Es machte Spaß, gemütlich durch diese ruhe versprühende Landschaften zu tuckern und alles auf sich wirken zu lassen. So fuhren wir durch Litauen nach Polen Richtung Warschau. 150 km vor Warschau hatten wir wieder einen Schaden an der Lichtmaschine.

Die Polizisten einer Verkehrs- und Drogenkontrolle halfen uns weiter in dem Sie im Internet eine Motorradwerkstatt ausfindig machten und diese auch anriefen. Nach 20 Minuten kam ein VW Bus mit zwei Mechanikern angefahren. Ich zeigte ihnen das Problem an der bereits von mir ausgebauten Lichtmaschine und fragte ob sie sie reparieren könnten?

Sie meinten nur, wir sind in einer Stunde wieder da, nahmen die Lichtmaschine und fuhren davon. Wir hofften nur, dass sie überhaupt wieder kommen, denn ohne Lichtmaschine, kein Weiterkommen. Nach genau einer Stunde kamen sie wieder mit der reparierten Lichtmaschine und dem Kommentar, das hält für mindestens 10.000 km und wenn nicht, können wir sie jederzeit anrufen und sie kommen uns zu Hilfe.

Als ich fragte was es kostet, sagte der eine, eine E-Mail von zu Hause, ob wir gut angekommen sind. Alle Versuche, ihnen zumindest ein Trinkgeld zu geben scheiterten, sie nahmen nichts an. So bedankten wir uns recht herzlich und fuhren weiter.

Über Wahrschau zurück nach Deutschland
In Warschau angekommen gingen wir für zwei Tage auf einen Campingplatz und nutzten die Zeit um uns Warschau anzuschauen. Eine tolle Stadt und erstaunlich wie schön hier alles aufgebaut und hergerichtet ist, wenn man bedenkt, dass Warschau im 2. Weltkrieg über 80 % zerstört war.

Auch die Freundlichkeit der Menschen hier in Polen überraschte uns sehr. Gingen wir doch von einer gewissen Distanziertheit der Polen uns Deutschen gegenüber aus, so wurden wir hier eines Besseren belehrt und lernten die Hilfsbereitschaft und Gastfreundschaft der Polen zu schätzen.

So ging es dann auch weiter Richtung Deutscher Grenze. In Frankfurt/Oder überquerten wir nach fast acht Wochen und 9.500 km die deutsche Grenze, wir waren fast zu Hause. Wir besuchten noch Freunde in Leipzig, die drei Jahre lang in Peking unsere Nachbarn waren.

Schauten uns das Völkerschlachtdenkmal an, gingen ins Asisi Panometer um das Völkerschlacht Panorama Bild zu sehen und natürlich Leipzig selbst, das sehr viele Sehenswürdigkeiten zu bieten hat und generell eine Reise wert ist. Weiter über Nürnberg ging unsere Reise dem Ende zu.

10.300 Kilometer in 60 Tagen
Am 20.08., nach 10.300 km und 60 Tagen Fahrt sind wir glücklich und auch ein wenig stolz zu Hause angekommen. Wir hatten es tatsächlich geschafft, mit unserer „Bella“ unterm Hintern zu Hause anzukommen. Aus einer verrückten Idee unseres Sohnes, machten wir wohl eine der prägendsten Reisen in unserem Leben, die einmalig war und auch einmalig bleiben wird. „Once in a live time“!

Hier geht es zum ersten Teil des Reiseberichts „Von Peking auf die Schwäbische Alb“

Der Beitrag Von Peking auf die Schwäbische Alb (II) erschien zuerst auf Daimler-Blog.


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